Bild
Pusteblume verweht

Wie offen dürfen wir über das Sterben reden?

Das Wichtigste

  • Offenheit stärkt – Erwachsene genauso wie Kinder.
  • Letzte Hilfe Kurse zeigen, wie Begleiten gelingt.
  • Die Kurse sind als Pflegekurse anerkannt und werden von der Pflegekasse bezahlt.

Meine Mutter hat die Diagnose Krebs im Endstadium erhalten. Wir als Familie möchten ihren Wunsch erfüllen, zuhause bleiben zu dürfen – bis zuletzt. Unsere Kinder (7, 9 und 13 Jahre) kommen das erste Mal mit dem Thema Tod in Berührung. Wir fragen uns, ob wir ihnen damit nicht zu viel zumuten? Wir trauen uns ja selbst kaum darüber zu sprechen. Wir sind hilflos und etwas überfordert mit der Situation. "

Katharina M. aus Bocholt

Bild
Portrait einer Frau mit dunkeln Haaren bei einem Herbstspaziergang
pixabay:frau-7235752_1280
Bild
Icon Frage

Darum geht's

Das Zuhause als Ort des Sterbens bringt für Familien besondere Herausforderungen mit sich. Angehörige kümmern sich um Pflege und Organisation – und müssen gleichzeitig ihre eigenen Ängste und Gefühle verarbeiten. Viele fühlen sich überfordert und unsicher, wie sie richtig unterstützen können.
Auch Kinder sind Teil dieser Situation. Sie spüren Veränderungen, haben Fragen und können die Situation oft schwer einordnen. Kinder profitieren, wenn sie altersgerecht informiert und in den Alltag eingebunden werden – so können sie auf ihre eigene Weise begleiten und verstehen.

Bild
Icon Experte

Nachgefragt bei...

Dr. med. Georg Bollig, Palliativmediziner und Gründer von Last Aid International und Letzte Hilfe Deutschland gGmbH

Tod, Sterben und Abschied nehmen – darüber wird oft geschwiegen. Viele Erwachsene denken, sie schützen Kinder, wenn sie das Thema vermeiden. Das Gegenteil ist der Fall. Die Wahrheit ist: Kinder kommen oft früher mit dem Tod in Berührung, als wir denken. In einer deutschlandweiten Studie gaben 84% der Kinder und Jugendlichen an bereits Erfahrungen mit Tod und Sterben in ihrem Umfeld gemacht zu haben (Bollig et al. 2024).  Und sie haben viele Fragen: Was passiert, wenn jemand stirbt? Tut das weh? Was kann ich tun, wenn jemand traurig ist?

Statt das Thema zu verstecken, sollten wir offen darüber sprechen. Das hilft Kindern, besser damit umzugehen – und macht sie stark. Dabei unterstützen zum Beispiel Letzte Hilfe Kurse.

Was ist ein Letzte Hilfe Kurs?

Bestimmt kennen Sie die Erste Hilfe. Da lernen wir, wie wir Menschen in Not helfen können. Bei der Letzten Hilfe geht es um das Ende des Lebens. Wie kann ich jemandem beistehen, der schwer krank ist oder bald sterben wird?

Es gibt Letzte Hilfe Kurse für alle Altersgruppen – speziell für Kinder ab 7 Jahren, Jugendliche und für Erwachsene. Die Kurse bestehen immer aus vier Modulen. Jedes Modul dauert etwa 45 Minuten. In den Kursen lernen die Teilnehmenden:

  1. Sterben ist ein Teil des Lebens
    Wir sprechen offen darüber, was passiert, wenn ein Mensch stirbt.
  2. Vorsorgen und Entscheiden
    Selbstbestimmt leben bedeutet auch, das Sterben selbst mitzugestalten. Hier sprechen wir über Dinge wie Patientenverfügung und Vorsorgevollmachten.
  3. Leiden lindern
    Hier geht es um ganz konkrete Tipps, wie ich jemandem etwas Gutes tun kann. Spielerisch zeigen wir praktische Handgriffe. Zum Beispiel üben Kinder und Erwachsene einfache Handmassagen, Akupressurpunkte und Lagerungstechniken, die helfen und entlasten.
  4. Abschied nehmen
    Hier geht es darum, wie wir uns verabschieden können und warum das so wichtig ist. 

Ein schönes Bild im Kurs zeigt: Es braucht viele Hände, um einen Menschen am Ende des Lebens zu begleiten. Kinderhände gehören auch dazu. Im Letzte Hilfe Kurs für Kinder und Jugendliche nutzen wir gerne ein Schwungtuch mit einem Ball in der Mitte, um zu verdeutlichen, dass es viele Hände braucht, um die betroffene Person gut und sicher zu tragen.

Warum das alles wichtig ist

Viele Menschen möchten zu Hause sterben, die wenigsten können es. Das geht oft nur, wenn Angehörige – also Familien, Freunde und manchmal auch Kinder – mithelfen. Deshalb ist es gut, wenn alle wissen, dass sie helfen können und wie sie helfen können.

Denken Sie daran: Wir alle, egal wie alt, haben bereits alles in uns, was es braucht: Ein Bauchgefühl, dass uns sagt, was „richtig“ ist. Trauen Sie sich und sprechen Sie offen über Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse. Sie können nichts falsch machen.

Es ist nicht schwer, da zu sein. Man muss sich nur trauen.

Bild
Icon Info

Weitere Infos

Download PDF