Aktivierende Pflege - Fürsorge neu gedacht

Wichtig zu wissen:

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Was ist der Unterschied zwischen versorgender und aktivierender Pflege?

Die Pflege und Betreuung eines Menschen umfasst weit mehr als die Versorgung grundlegender Bedürfnisse. Bei der rein versorgenden Pflege wird dem pflegebedürftigen Menschen eine Art Vollversorgung angeboten. Durch fehlgeleitete Hilfsbereitschaft werden Aufgaben abgenommen, die der pflegebedürftige Mensch mit etwas Unterstützung auch selbst bewältigen könnte: Er wird gewaschen, bekommt die Kleidung an- und ausgezogen, sein Essen vorgesetzt und wird im Rollstuhl spazieren gefahren. Der Mensch selbst bleibt dabei größtenteils passiv, was zur Folge hat, dass er mit der Zeit immer mehr an Selbstständigkeit verliert und oftmals körperlich und geistig abbaut. Damit wird der Verlust an Selbständigkeit, der sich durch den Alterungsprozess oder Krankheitsfortschritt ohnehin ergibt, noch zusätzlich beschleunigt.
Einen anderen Ansatz verfolgt die aktivierende Pflege. Ihr Ziel ist die Förderung vorhandener Fähigkeiten und Ressourcen. Der wichtigste Grundsatz dabei ist, die unterstützungsbedürftige Person mit einzubeziehen und ihn soweit selbst aktiv mithelfen zu lassen, wie es der Gesundheitszustand ermöglicht. Diesen allgemein anerkannten Ansatz bezeichnen Experten deshalb auch als „aktivierende Pflege“. Er gilt für die Pflege im Heim ebenso wie für die ambulante Pflege zu Hause.

 

Ziele der aktivierenden Pflege

Die aktivierende Pflege wird als Hilfe zur Selbsthilfe verstanden. Der pflegebedürftige Mensch soll eine größtmögliche Selbstständigkeit bei der Durchführung alltäglicher Bewegungsabläufe behalten oder zurückerlangen. Dies bedeutet nicht nur für, sondern mit dem Menschen tätig zu sein. Maßnahmen werden gemeinsam mit dem pflegebedürftigen Menschen geplant, er wird aktiv miteinbezogen. Dadurch, dass er nun an möglichst vielen Stellen in den Pflege-Alltag eingebunden wird, sollen seine vorhandenen körperlichen und geistigen Fähigkeiten gefördert bzw. wieder zurückgewonnen werden.
Dabei werden stets die individuellen Ressourcen und Einschränkungen des Betroffenen berücksichtigt. Ziel der Aktivierungsmaßnahmen ist, den Pflegebedürftigen zu fordern, ihn zu

 

Schwierigkeiten und Grenzen

Die aktivierende Pflege ist zu Beginn sowohl für den Pflegebedürftigen als auch für den Pflegenden mit erhöhtem Aufwand verbunden. Aufgaben und Tätigkeiten benötigen in der Regel viel mehr Zeit und Aufmerksamkeit. Der pflegebedürftige Mensch kann vor allem zu Beginn schnell frustriert und demotiviert sein. Es ist wichtig, ermutigende Worte zu finden, da der Weg zu mehr Selbstständigkeit lang und häufig beschwerlich ist. Eine gute Kommunikation über den persönlichen Nutzen, die Ziele und die kleinen Schritte ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen aktivierenden Pflege.
Aktivierende Pflege soll motivieren, sie darf aber nicht überfordern. Bei aktivierender Pflege darf es nicht zu Bevormundung oder Zwang kommen. Pflegebedürftige Menschen haben Anspruch auf eine aktivierende Pflege. Ebenso haben pflegebedürftige Menschen aber auch das Recht, aktivierende Pflege abzulehnen. Denn jeder darf selbst über die eigene Pflege bestimmen - und damit auch eventuell gesundheitliche Risiken in Kauf nehmen.

Aktivierung durch pflegende Angehörige

Grundsätzlich ist es auch für pflegende Angehörige ohne professionelle Hilfe möglich, eine aktivierende Pflege erfolgreich durchzuführen. Allerdings kann ein Mangel an Erfahrung zu Problemen führen, da Laien häufig nicht zielgerichtet und ausreichend aktivieren, weil ihnen wichtiges Fachwissen fehlt. Falls Sie sich dennoch zur aktivierenden Pflege eines Angehörigen entscheiden, sollten Sie zunächst einen Pflegekurs besuchen. Pflegekurse werden von den Pflegekassen selbst sowie von Partnern der Kassen wie Wohlfahrtsverbänden, Volkshochschulen und Bildungsvereinen angeboten.

Halten Sie Rücksprache mit dem behandelnden Arzt und informieren Sie sich über die körperlichen Fähigkeiten Ihres pflegebedürftigen Angehörigen. Fragen Sie bei Ihrem ambulanten Pflegedienst nach, inwieweit und mit welchen Mitteln Sie ihren Angehörigen aktivierend pflegen können. Oder fragen Sie bei Ihrer Pflegekasse nach einer individuellen häuslichen Schulung. Auf dieser Grundlage können Sie anschließend ihr ganz individuelles Aktivierungs-Programm erstellen.

 

Beispiele im Pflege-Alltag

Die Idee der aktivierenden Pflege: der Pflegende nimmt dem oder der Betroffenen möglichst wenige Aufgaben ab und leitet ansonsten an oder unterstützt bei bestimmten Bewegungsabläufen. Hierfür wird zunächst einmal geschaut, was die zu pflegende Person noch selbst machen kann. Aktivierende Pflege kann in nahezu alle Bereiche des Alltags integriert werden. Dazu gehören zum Beispiel die Körperpflege, Ernährung, die Kleidungswahl sowie die Mobilität der pflegebedürftigen Person. Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Alles was anregt, stimuliert, interessiert und mobilisiert, fördert den pflegebedürftigen Menschen in seinen geistigen und körperlichen Fähigkeiten:

  • Regen Sie dazu an, mindestens einmal täglich körperlich aktiv zu sein, z.B. ein paar Schritte zu gehen. Motivieren Sie mit vertrauten Tätigkeiten zur Bewegung: Decken Sie z. B. gemeinsam den Tisch, steigen Sie ein paar Treppenstufen, gehen Sie zusammen zum Briefkasten. Üben Sie das langsame Gehen am Rollator. Gehen Sie gemeinsam in den Garten und sprechen Sie über Blumen und Tiere. Besuchen Sie die Baustelle nebenan oder bepflanzen Sie gemeinsam Blumenkübel.
  • Verrichten Sie Alltagsarbeiten immer gemeinsam: Gemüse schneiden, Plätzchen ausstechen, Kopfkissen ausschütteln, Blumen gießen.
  • Nehmen Sie ein Tablet und suchen Sie im Internet nach „Stuhl-Gymnastik“. Diese Gymnastik-Übungen mit Musik können im Sitzen durchgeführt werden.
  • Lassen Sie Ihren Pflegebedürftigen in seinem eigenen Tempo selbstständig essen und trinken. Sollte die pflegebedürftige Person dazu nicht in der Lage sein, machen Sie vor, was gemacht werden soll. Vielleicht kann ein spezielles Besteck oder Geschirr das Essen unterstützen. Lassen Sie sich im Sanitätshaus oder beim Pflegekurs beraten.
  • Stellen Sie dem pflegebedürftigen Menschen alle benötigten Utensilien für die Körperpflege oder den Toilettengang bereit. Ziel ist es, dass möglichst viele Schritte eigenständig erledigt werden. Wenn eine Handlung zu komplex ist, wird sie in kleine Einheiten unterteilt. Dann können Sie zwischendurch unterstützende Impulse geben. Achten Sie auf die Einhaltung der Intimsphäre. Besprechen Sie das Toilettentraining mit Ihrem pflegebedürftigen Angehörigen und stellen Sie ggfs. einen Wecker, der in einem vereinbarten Zeitrhythmus an den Toilettengang erinnert.
  • Der Pflegebedürftige wählt selber aus, welche Kleidung er tragen möchte. Die Pflegenden respektieren die Kleiderauswahl und unterstützen beim An- und Ausziehen nur soweit wie nötig. Knöpfe schließen, Mütze aufziehen, Schuhbänder schließen fördern die Feinmotorik.
  • Konzentration und Merkfähigkeit lassen sich üben durch Vorlesen, Memory-Spiele, Puzzle, Sprichwörter ergänzen, Lieder singen.
  • Für Sicherheit sorgen: Orientierungshilfen anbringen, so dass der Pflegebedürftige sich selbst zu Recht finden kann. Kalender und Uhr in lesbarer Größe bereitstellen.
  • Immer wichtig: Zuhören, Empathie und Interesse zeigen. Miteinander reden.

Weitere Informationen bietet das Zentrum für Qualität in der Pflege

Für Angehörige von Menschen mit Demenz hält die Alzheimergesellschaft wertvolles und unterstützendes Informationsmaterial bereit.

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