Ich habe eine psychische Erkrankung. Darum wurde mir vom Gericht ein rechtlicher Betreuer zugeteilt. Der kümmert sich aber nicht gut um meine Angelegenheiten und meldet sich selten. Das hilft mir gar nicht. Kann ich auch einen anderen Betreuer bekommen?
Dirk M. aus Dormagen
Darum geht's
Wenn eine erwachsene Person wegen Krankheit, Behinderung oder Alter ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, benötigt sie eine rechtliche Vertretung. Das kann eine von ihr mittels einer Vorsorgevollmacht oder durch eine Betreuungsverfügung benannte Person sein oder auch ein vom Gericht bestellter rechtlicher Betreuer oder eine Betreuerin.
Manchmal sind die Betreuten unzufrieden mit der jeweiligen Person. Sie finden, dieser Mensch kümmert sich nicht richtig um ihre Belange. Oder sie vertrauen diesem Menschen einfach nicht. In diesen Fällen möchten Betroffene sich beschweren oder sogar die Betreuerin, den Betreuer wechseln.
Rechtliche Grundlagen
Mit der Reform des Betreuungsrechts zum 01.01.2023 sollte die Selbstbestimmung von Menschen, die unter rechtlicher Betreuung stehen, gestärkt werden. Seitdem stehen die Wünsche der betreuten Person im Mittelpunkt, nicht mehr nur ihr Wohlergehen.
In den §§ 1814, 1815 BGB (Bürgerlichen Gesetzbuch) werden Voraussetzungen und Umfang der rechtlichen Betreuung geregelt. Das Betreuungsgericht bestellt einen Betreuer oder eine Betreuerin, der/die geeignet ist; Wünsche der betreuten Person für eine bestimmte Person als Betreuer/in sind dabei vom Gericht zu beachten (§ 1816 BGB).
! Hinweis: Die Bestellung einer Betreuung ist keine Entrechtung!
Trotz einer rechtlichen Betreuung bleibt die betreute Person geschäftsfähig. Ob jemand geschäftsunfähig ist (§ 104 Nr. 2 BGB) entscheidet sich stets im Einzelfall – unabhängig davon, ob eine rechtliche Betreuung vorliegt.
Eine Betreuerin, ein Betreuer wird vom Betreuungsgericht für bestimmte, gerichtlich angeordnete Aufgaben bestellt (z.B. Finanzen, Wohnen, Gesundheitsfragen). Im Rahmen des Aufgabenbereichs hat der Betreuer bzw. die Betreuerin, die betroffene Person in der Wahrnehmung dieser Angelegenheit zu unterstützen und, wenn dies dem Betroffenen selbst nicht möglich ist, sich um diese Angelegenheiten zu kümmern. Dies erfordert regelmäßig auch einen persönlichen Kontakt zur Person (§ 1821 Abs. 5 BGB).
Rechtliche Betreuung ist aber keine pflegerische Betreuung und keine Betreuung im Sinne einer Beaufsichtigung, sondern eine Vertretung bei Rechtsgeschäften.
Das sagt der Pflegewegweiser NRW
Wenn Menschen mit ihrer Betreuung unzufrieden sind, kann es sinnvoll sein, die Betreuerin, den Betreuer zu wechseln. Ist eine persönliche Aussprache nicht mehr möglich oder erwünscht, kann ein Wechsel bei der Betreuungsstelle/Betreuungsbehörde (meist beim Jugend- oder Sozialamt) oder beim lokalen Betreuungsgericht (ansässig beim Amtsgericht) beantragt werden. Dazu ist ein formeller Antrag nötig.
Beide Seiten werden zu ihrer Sichtweise der Situation angehört. Ziel ist es, die Angelegenheit gütlich zu regeln, damit die Betreuung nicht gefährdet ist. Ergibt sich, dass die betreuende Person sich fachlich falsch verhalten hat, kann das Gericht eine Ermahnung oder Sanktionen aussprechen. Stellt sich heraus, dass die Person speziell für die vorliegende Betreuung nicht (mehr) geeignet ist, kann das Gericht sie aus der Betreuung entlassen. Die Entlassung kann sowohl von der betreuten als auch von der betreuenden Person angeregt werden. Die zu betreuende Person kann jemanden aus ihrem Umfeld als neue Betreuerin, neuen Betreuer vorschlagen. Die zuständige Behörde prüft und entscheidet, ob ein Wechsel der gegenwärtigen Betreuung möglich und sinnvoll ist.
! Hinweis: Für Fragen oder eine fachkundige Beratung können Sie sich an die Betreuungsstelle/-behörde, das Betreuungsgericht, Betreuungsvereine oder auch den zuständigen Berufsverband für Berufsbetreuer wenden.
Den Wunsch auf Wechsel sollte die betroffene Person gut begründen. Wobei die Gründe vielfältig sein können und stets von den individuellen Umständen abhängen.
+Tipp: Formulieren Sie genau, warum Sie mit Ihrem Betreuer, ihrer Betreuerin nicht zurechtkommen. Machen Sie Ihre Gründe an konkreten Beispielen fest.
Expertenmeinung
Frau Fischer-Behr, Qualitäts- und Beschwerdemanagement beim Bundesverband der Berufsbetreuer:innen
Der Wechsel einer Betreuung sollte nicht leichtfertig erfolgen. Vielleicht können Konflikte und Missverständnisse rechtzeitig behoben werden. Wird der Ärger nicht angesprochen kann das das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstören und die weitere Zusammenarbeit gefährden.
+Tipp: Suchen Sie das Gespräch und sprechen Sie offene Fragen und Kritikpunkte direkt an. Verlangen Sie eine Erklärung, wenn Ihnen etwas nicht passt.
Häufig sind es nur Missverständnisse oder falsche Vorstellungen, die für Unmut sorgen. So meinen manche Betreute, der Betreuer, die Betreuerin müsse rund um die Uhr und für alle Fragen verfügbar sein. Dem ist nicht so. Betreuerinnen und Betreuer unterstützen nur die Angelegenheiten, für die sie bestellt wurden und sollten zuverlässig für eine angemessene Erreichbarkeit sorgen. Auch sollten sie darüber informieren, wie sie in dringenden Angelegenheiten und bei Notfällen kontaktiert werden möchten. Eine klare, verständliche Kommunikation ist in jeder Hinsicht wichtig.
Durchaus legitime Gründe für einen Betreuungswechsel können sein:
- Der Lebensmittelpunkt der betreuten Person ändert sich, z.B. durch Umzug
- Konflikte, Missverständnisse können nicht behoben werden und zerrütten das Verhältnis
- Ein unüberwindbarer Vertrauensverlust
- Mangelnde Kompetenz oder Qualifikation des Betreuers / der Betreuerin
- Eine objektiv unzureichende Erreichbarkeit des Betreuers / der Betreuerin
Bei Berufsbetreuerinnen und -betreuern, die Mitglied eines Berufsverbandes sind, kann das Beschwerdemanagement des Berufsverbandes helfen den Konflikt zu klären. Eine neutrale Schlichtung vermittelt zwischen beiden Parteien. Lässt sich ein Konflikt nicht schlichten, wird die Beschwerde von der fachübergreifenden Beschwerdestelle bearbeitet. Wichtig ist jedoch, dass solch ein Verfahren keine juristische und zivilrechtliche Klärung ersetzt.
Betreuerinnen und Betreuer haben definierte Pflichten, die sie einhalten müssen:
- die Person in den angeordneten Aufgabenbereichen gut unterstützen.
- die Person darin fördern, ihre Angelegenheiten weitgehend selbst zu regeln.
- zusammen mit der betreuten Person entscheiden, nicht über sie hinweg.
- in regelmäßigem Austausch mit der betreuten Person stehen.
- verständlich und auf Augenhöhe kommunizieren.
- den Wunsch und Willen der betreuten Person ernst nehmen.
- die eigenen Werte und Grundsätze außer Acht lassen, auch wenn die Lebensführung der betreuten Person objektiv als unangemessen oder unvernünftig betrachtet wird.
Weitere Infos
Infobroschüre „Betreuungsrecht“ (Bundesjustizministerium) [externer Link]
Broschüre „Betreuungsrecht“ in leichter Sprache [externer Link]
Neues Betreuungsrecht 2023: mehr Selbstbestimmung und Mitsprache [externer Link]
Vor der rechtlichen Betreuung: Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung [externer Link]
Berufsverband der Berufsbetreuer*innen [externer Link]