Ich kümmere mich viel um meinen 80-jährigen Vater. Die Gartenarbeit bei ihm zu Hause schaffe ich aber nicht auch noch. Kann mein Vater den Entlastungsbetrag dafür nutzen, dass jemand anderes seinen Garten pflegt? Die Pflegekasse verweigert das jedoch."
Darum geht's
Häufig können Pflegebedürftige sich nicht mehr selbst um ihren Garten kümmern. Auch pflegende Angehörigen haben neben der eigentlichen Pflege weder Zeit noch Energie dafür.
Deshalb möchten Betroffene den Entlastungsbetrag (125€/Monat) nutzen, um jemand Drittes mit der Gartenpflege zu beauftragen, z.B. einen Gärtner, eine Haushaltshilfe oder Nachbarn. Denn für viele ist der Garten wichtig und gehört selbstverständlich zu den Haushaltspflichten dazu.
Pflegekassen lehnen eine Kostenerstattung für Gartenarbeiten in der Regel ab.
Gesetzliche Grundlage
Über den Entlastungsbetrag können Angebote zur Unterstützung im Alltag finanziert werden. In NRW regelt die Anerkennungs- und Förderungsverordnung (AnFöVO), welche Angebote anerkannt und abrechnungsfähig sind.
Nach §4 Abs. 4 AnFöVO zählt Gartenarbeit in NRW nicht zu den abrechnungsfähigen Unterstützungsangeboten. Denn Haushaltsführung im Sinne der Verordnung meint die zum täglichen Leben erforderliche hauswirtschaftliche Versorgung von pflegebedürftigen Personen und nicht darüber hinausgehende haushaltsnahe Dienstleistungen, wie die „Instandhaltung von Gebäuden und Außenanlagen“ oder Handwerkerleistungen.
Zu den anerkannten Angeboten zählen nach §4 Abs. 2 AnFöVO auch Betreuungsangebote für Pflegebedürftigen. Diese dienen zur individuellen Begleitung, Unterstützung, Anleitung und Anregung von Pflegebedürftigen im Alltag.
Das sagt der Pflegewegweiser
Angebote zur Unterstützung im Alltag ermöglichen, dass Pflegebedürftige so lange und selbstständig wie möglich zu Hause wohnen können. Und Angehörige sollen in ihrer Funktion als Pflegeperson entlastet werden.
Die Angebote müssen deshalb in einem engen Zusammenhang mit der täglichen, notwendigen Haushaltsführung stehen (Einkaufen, Kochen, Wäsche machen, Putzen etc.), damit Pflegebedürftige gut und sicher zu Hause versorgt sind. Der Zustand des Gartens ist dafür nicht entscheidend, weshalb der Entlastungsbetrag in NRW für Gartenarbeiten zur Hilfe im Haushalt nicht verwendet werden kann.
Ausnahme: Die Gartenarbeit steht in direktem Zusammenhang mit der Betreuung eines pflegebedürftigen Menschen.
+Tipp: Das Pflegegeld kann jederzeit und ohne Nachweispflicht für sämtliche selbst beschaffte Hilfen und Unterstützungsangebote, so auch für die Gartenarbeit, genutzt werden.
Expertenmeinung
Hasan Alagün, Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz
Mit dem Entlastungsbetrag lassen sich auch Betreuungsangebote finanzieren. Diese sollen Angehörige entlasten und Pflegebedürftige in ihrer Teilhabe fördern durch Begleitung und Aktivierung ihrer Eigenständigkeit im Alltag. Dies setzt eine bewusste Interaktion mit der pflegebedürftigen Person voraus.
Gartenarbeit kann in Form eines gemeinsamen Gärtnerns als fördernde Betreuungsleistung stattfinden. Ein begleiteter Aufenthalt oder gemeinsame Tätigkeiten im Garten können das Wohlbefinden und die Mobilität von pflegebedürftigen Menschen positiv beeinflussen. Vor allem auf Menschen mit Demenz wirkt das begleitete Buddeln in der Erde oder das Versorgen von Pflanzen anregend auf ihre Kommunikation und ihr Selbsterleben. Selbst wenn immobile Pflegebedürftige nur noch beim zugewandten Gärtnern zuschauen können, gilt das als betreuerische Gartenarbeit. In dieser Form kann Gartenarbeit daher sehr wohl über den Entlastungsbetrag finanziert werden.
! Wichtig: Im Angebotsfinder NRW finden sich auch Angebote, die Gartenarbeiten aufführen. Fragen Sie nach, ob es sich dabei um eine Betreuungsleistung handelt. Sonst kann es sein, dass die Pflegekasse die Kosten für Gartenarbeiten als haushaltsnahe Dienstleistung nicht erstattet.
Neben professionellen Anbietern können auch Nachbarschaftshelfer:innen Gartenarbeit als Betreuungsleistung erbringen. Eine Auflistung der Hilfe-Arbeiten gegenüber der Pflegekasse ist nicht nötig. Hierbei reicht es das Datum, den Betrag und als Leistungsbezeichnung „Unterstützung im Alltag“ anzugeben. Für etwaige Nachfragen durch die Pflegekasse sollten die erbrachten Tätigkeiten des/der Nachbarschaftshelfer:in aber kurz dokumentiert und ggf. begründet werden können.