
Ich pflege meinen demenzkranken Ehemann (Pflegegrad 2) und übernehme die gesamte Versorgung – Waschen, Medikamente, Betreuung und Haushalt. Aufgrund meiner Schulterprobleme schaffe ich jedoch nicht mehr alles. Ich möchte nun selbst einen Pflegegrad beantragen. Darf ich trotzdem weiterhin die Pflegeperson für meinen Mann sein? Kann umgekehrt mein Mann meine Pflegeperson sein, da er mich zum Beispiel beim Haarewaschen unterstützt?
Beate K. aus Lüdenscheid


Darum geht's
Viele Menschen pflegen ihre Angehörige zu Hause. Werden sie selbst hilfe- oder pflegebedürftig, fragen sie sich, ob sie weiterhin Pflegeperson sein dürfen – und ob die Pflegekasse dies akzeptiert oder gegebenenfalls und mit welcher Begründung ablehnt.

Nachgefragt bei....
Gudula Decking, Pflegeberatung Kreis Borken
Grundsätzlich ist die Eintragung als Pflegeperson erst einmal für jeden möglich. Auch mehrere Pflegepersonen gleichzeitig sind möglich. Entscheidend dabei ist immer, ob eine selbst pflegebedürftige Person in der Lage ist, die Pflege einer anderen pflegebedürftigen Person durchzuführen?
Um die Frage genauer zu beantworten, müssen wir uns zunächst die gesetzlichen Grundlagen und Definition von Pflegeperson gemäß § 19 SGB XI anschauen:
Welche Tätigkeiten zählen zur Pflege?
Mitgerechnet wird, was für die tägliche Lebensführung notwendig ist und ohne Hilfe in folgenden Bereichen nicht möglich wäre:
- Körperbezogene Pflegemaßnahmen
- Pflegerische Betreuungsmaßnahmen
- Hilfen im Haushalt
Konstellation: Gegenseitige Pflege
Es gibt keine gesetzliche Regelung, die ausdrücklich untersagt, dass eine pflegebedürftige Person nicht gleichzeitig als Pflegeperson für eine andere eingetragen werden kann. Theoretisch ist also auch eine gegenseitige Pflege möglich; insbesondere dann, wenn die Einschränkungen unterschiedlich gelagert sind. Zum Beispiel, wenn eine Person eher kognitive Einschränkungen hat und die andere Person motorische Probleme.
Hintergrund:
Dass zusammenlebende Partner sich gegenseitig im Alltag so gut es geht unterstützen und helfen ist nachvollziehbar und wünschenswert. Häufig lehnen Pflegebedürftige oder Angehörige in diesen Konstellationen zusätzliche Hilfe ab. Sehr häufig aus finanziellen Gründen, weil sie das Pflegegeld als zusätzliches Haushaltseinkommen betrachten, aber auch aus Scham oder weil sie niemandem zur Last fallen möchten.
Wichtiger als das Ansparen von Geldmitteln sollte es aber sein, die Pflegesituation zu stabilisieren und notwendige Hilfen in Anspruch zu nehmen. So kann der Verbleib in der häuslichen Umgebung möglichst lange aufrechterhalten werden. Die pflegerische Versorgung kann beispielsweise durch zusätzliche Hilfen von Angehörigen, Bekannten, ambulanten Diensten oder Haushaltshilfen sichergestellt werden. Wer notwendige Hilfe rechtzeitig in Anspruch nimmt, beugt Überlastung vor und trägt dazu bei, dass die häusliche Pflege langfristig gewährleistet wird.
Die Pflegekasse überprüft durch die vorgeschriebenen Beratungsbesuche regelmäßig, ob die Versorgung gewährleistet ist oder ob zusätzliche Unterstützung notwendig ist.
Eine gegenseitige Pflege ist theoretisch, wenn auch bedingt, möglich und kann auch vorübergehend funktionieren. Sie darf aber nicht zur Überforderung der Pflegeperson oder zur Unterversorgung des Pflegebedürftigen führen.

Rechtliche Grundlagen
Es gibt kein Gesetz, das pflegebedürftigen Personen untersagt, gleichzeitig Pflegeperson zu sein. Die Pflegekasse entscheidet im Einzelfall, stets nach dem Grundsatz, dass die Pflege gesichert ist. § 19 SGB XI definiert die Pflegeperson, § 14 SGB XI die pflegebedürftige Person.