

Mein Vater hat Inkontinenz, schämt sich aber so sehr, dass er nicht zum Arzt will. Ich kaufe Einlagen im Supermarkt, doch sie passen oft nicht und halten nicht dicht. Deshalb zieht er sich immer mehr zurück und verlässt kaum noch das Haus aus Angst, es könnte etwas passieren. Das belastet uns beide sehr. Wie können wir eine passende, diskrete Versorgung finden, damit er sich wieder sicher fühlt?
Sophia B.

Darum geht's
In Deutschland leiden rund 10 Millionen Menschen an Inkontinenz. Wer gesetzlich versichert ist und eine ärztlich bestätigte, mindestens mittelgradige Harninkontinenz hat, hat Anspruch auf passende Hilfsmittel – z. B. aufsaugende oder ableitende Hilfsmitteln.
Inkontinenz ist eine behandelbare Erkrankung – niemand muss sich dafür schämen oder sie einfach hinnehmen. Es gibt viele Therapien und Hilfsmittel, die den Alltag deutlich erleichtern können.

Nachgefragt bei...
Matthias Zeisberger, Inkontinenz Selbsthilfe e.V.
Inkontinenz ist ein häufiges Problem, das das Leben vieler Menschen beeinflusst. Inkontinenz wird aus Scham oft verschwiegen, besonders auch von Männern.
Hinter einer Inkontinenz können ernsthafte Erkrankungen wie Prostata- oder Blasenkrebs, Diabetes, Demenz oder neurologische Störungen stecken. Zögern Sie nicht – suchen Sie unbedingt Ihren Hausarzt oder Facharzt (Urologe/Gynäkologe) auf, um die Ursache abzuklären.
Eine gute Versorgung beginnt mit dem richtigen ersten Schritt – einer ärztlichen Abklärung.
Vorbereitung des Arztbesuches
1. Bereiten Sie sich auf die Fragen des Arztes vor:
- Häufigkeit der Inkontinenz- oder Entleerungsprobleme
- Art und Menge des Urin- oder Stuhlverlustes
- Tätigkeiten oder Situationen, in denen die Probleme vermehrt auftreten
- Ernährung und Flüssigkeitsaufnahme
- Bekannte Auslöser oder Linderungsmethoden
2. Bringen Sie Vorbefunde und Ihre Medikamentenliste mit zum Arzttermin. Hilfreich ist auch ein Blasentagebuch zu führen, in dem Trinkmenge, Harndrang, Urinmenge, eventuelle Beschwerden und Harnverluste festgehalten werden.
3. Notieren Sie Ihre eigenen Fragen an den Arzt:
- Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es für meine Art der Inkontinenz?
- Welche spezifischen Hilfsmittel kann ich nutzen?
- Wie kann ich sicherstellen, dass die von mir gewählten Hilfsmittel sicher, diskret und komfortabel sind?
Eine wertvolle Checkliste zur Vorbereitung des Arztbesuches [externer Link] ist hier verlinkt.
Diagnose & Verordnung
Nach der Diagnose kann der Arzt eine Verordnung für passende Inkontinenz-Hilfsmittel ausstellen – zum Beispiel Einlagen oder Pants. Wichtig ist, dass auf dem Rezept oder Dauerrezept bestimmte Angaben durch den Arzt vermerkt sind:
- Verordnungsdauer (Verordnungszeitraum)
- Hilfsmittelnummer / Hilfsmittelart / Produktart (7-stellig: beschreibt die Hilfsmittelart oder 10-stellig: verordnet ein spezifisches Produkt)
- verordnete Menge (Tages-, Monats- oder Quartalsbedarf)
- Kreuzchen bei Hilfsmittel (Feld 7 Hilfsmittel)
- festgestellte (auslösende) Diagnose
- Begründung (Beispiel: zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben)
Wo bekomme ich die Hilfsmittel?
Mit dem Rezept können Sie zu einem Sanitätshaus oder einem anderen Fachgeschäft gehen, das Inkontinenz-Hilfsmittel anbietet (sogenannte "Leistungserbringer").
Wichtig: Klären Sie unbedingt im voraus bei Ihrer Krankenkasse, welche Sanitätshäuser, Apotheken oder Homecare-Dienste als Vertragspartner anerkannt sind. Wenn Sie zu irgendeiner Apotheke gehen, laufen Sie Gefahr, die Hilfsmittel selbst zu bezahlen.
Beim Fachhändler erhalten Sie eine persönliche Beratung, bei der passende Produkte gemeinsam ausgewählt werden. Sie bekommen Muster zum Testen, um in Ruhe das Richtige zu finden. Die endgültig ausgewählten Hilfsmittel werden Ihnen anschließend kostenlos nach Hause geliefert.
Info:
Bei starkem Schamgefühl oder sozialem Rückzug kann auch psychologische Unterstützung eine wertvolle Hilfe sein.
Selbsthilfegruppen [externer Link] bieten Unterstützung bei der emotionalen Bewältigung, indem sie praktische Tipps, Ratschläge und einen wertvollen Austausch ermöglichen.
Auch Beckenbodenzentren [externer Link] bieten spezialisierte Hilfe, um mit gezielten Übungen und Therapien die Inkontinenz zu verbessern.

Rechtliche Grundlagen